NATIONALES RECHT.

Von der Bundesverfassung (BV) bis hin zur Verordnung über die Aufnahme von Pflegeindern: Die rechtlichen Grundlagen in Bezug auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen sind vielfältig.

Bundesverfassung (BV)

In der Schweiz garantiert die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) übergeordnet den Kindern ebenfalls Schutz-, Förder- und Partizipationsrechte (Art. 11 ff. BV).

Darin geregelt ist unter anderem der Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf:

  • besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung (Art. 11 Abs. 1 BV)
  • der Anspruch auf Ausübung ihrer Rechte im Rahmen ihrer Urteilsfähigkeit (Art. 11 Abs. 2 BV)
  • der Anspruch auf Schutz der Privatsphäre bzw. die Achtung des Privat.- und Familienlebens (Art. 13 BV)

Diese wiederum finden Aufnahme in das zivilrechtliche Kindesschutzrecht im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (vgl. Art. 307 ff. ZGB). Das Kindesschutzrecht ist Teil des Kindesrechts (vgl. Art. 252 ff. ZGB).

Bundesverfassung (BV) 

Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB)

Im ZGB sind im Familienrecht grundsätzliche Aspekte zum Kindesrecht und Kindesschutz geregelt. Im ZGB finden sich auch die relevanten Bestimmungen zum Adoptionsrecht und auch einige Bestimmungen für den Pflegekinderbereich.

Adoption:

  • Es müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, um ein Kind adoptieren zu können (Art. 264 ff. ZGB).
  • Die Adoption setzt die Zustimmung der leiblichen Eltern voraus (Art. 265ff ZGB).
  • Es gibt einen Anspruch auf Wahrung des Adoptionsgeheimnisses (Art. 286b ZGB). 
  • Für eine Stiefkindadoption gibt es spezifische Voraussetzungen (Art. 264c ZGB).
  • Auch erwachsene Personen können adoptiert werden (Art. 266 ZGB).
  • Herkunftssuche: Die Voraussetzungen und das Verfahren für die Herkunftssuche von adoptierten Personen, den leiblichen Eltern und deren direkte Nachkommen (also (Halb)Geschwister der adoptierten Person) finden sich in Art. 268b ff. ZGB.
  • Offene Adoption: Eine sogenannte offene Adoption kann im Rahmen von Art. 268e ZGB (Persönlicher Verkehr mit den leiblichen Eltern) vereinbart werden.

Weitere Aspekte sind in der Adoptionsverordnung (AdoV) geregelt. Hier finden sich weitere Verfahrensbestimmungen für die Aufnahme von Kindern zur Adoption, zu Bewilligung und Aufsicht von Adoptionsvermittlung und zu den Gebühren des Bundes bei internationalen Adoptionen. 

Pflegekinderbereich:

  • Pflegekinderbereich: Im ZGB finden sich nur wenige Bestimmungen, weitere Aspekte sind in der Pflegekinderverordnung (PAVO) geregelt:
  • Pflegekinderaufsicht: Bewilligung und Aufsicht von Pflegeverhältnissen (316 Abs. 1 ZGB)
  • Pflegeeltern: Anspruch auf angemessenes Pflegegeld (Art. 294 Abs. 1 ZGB)
  • Pflegeeltern: Vertretung der Eltern im Alltag (Art. 300 Abs. 1 ZGB) und Anhörungsrecht bei wichtigen Entscheidungen (Art. 300 Abs. 2 ZGB)

Kindesschutzfragen: Das ZGB hält fest, dass die Kindesschutzbehörde geeignete Massnahmen zum Schutz des Kindes trifft, falls das Wohl des Kindes gefährdet ist und die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe sorgen oder sie dazu ausserstande sind. Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen.

Die wichtigsten Bestimmungen für den Kindesschutz und die dazugehörigen Massnahmen finden sich in Art. 307 ff. ZGB, unter anderem:

  • Kindesschutz: Geeignete Massnahmen (Art. 307 ZGB)
  • Kindesschutz: Beistandschaft (Art. 308 ZGB)
  • Kindesschutz: Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrecht (Art. 310 ZGB)
  • Kindesschutz: Entziehung der elterlichen Sorge (Art. 311/312 ZGB)
  • Kindesschutz: Recht auf Anhörung/Vertretung (Art. 314a/Art. 314abis ZGB)

Weitere wichtige Bestimmungen:

  • Persönlicher Verkehr zwischen Eltern und Kind (Art. 273) und Schranken (Art. 274 ZGB) («Besuchsrecht»)
  • Persönlicher Verkehr mit Dritten (Art. 274a ZGB): Diese Bestimmung könnte für Pflegeeltern relevant sein, wenn es darum geht, die Kontakte zwischen Pflegekind und Pflegeeltern nach Beendigung des Pflegeverhältnisses z.B. infolge Rück- oder Umplatzierung zu regeln.

Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB)

Bundesgesetz zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen (BG-HAÜ)

Mit dem Bundesgesetz wird das Haager Übereinkommen von 1993 (siehe Internationales Recht) in der Schweiz vollzogen. Das Gesetz sieht konkrete Massnahmen zum Schutz von Kindern vor, die zur Adoption aufgenommen werden (z.B. die Ernennung einer Vormunds- oder Beistandsperson ab dem Zeitpunkt der Einreise in die Schweiz). Das Gesetz enthält im Weiteren Strafbestimmungen zur Bekämpfung der unbewilligten Aufnahme von Kindern, unstatthafter Vermögensvorteile und Kinderhandel.

Bundesgesetz zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen (BG-HAÜ)

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG)

Das Internationale Privatrecht (IPR) regelt die Frage, welches Recht zur Anwendung gelangt, wenn ein Sachverhalt einen Bezug zu mehreren Staaten hat. In Bezug auf ausländische Adoptionen bedeutete das, dass diese grundsätzlich in der Schweiz anerkannt werden, wenn sie im Wohnsitzstaat oder im Heimatstaat der adoptierenden Person oder der adoptierenden Ehegatten ausgesprochen worden sind.

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG)

Verordnung über die Adoption/Adoptionsverordnung (AdoV)

Die Verordnung über die Adoption (Adoptionsverordnung/AdoV) regelt das Verfahren für

  • die Aufnahme von Kindern zur Adoption (Art. 4 ff. AdoV),
  • die Bewilligung zur Adoptionsvermittlung und die Aufsicht darüber (Art. 12 ff. AdoV) und
  • die Gebühren des Bundes bei internationalen Adoptionen (Art. 24 ff. AdoV) (vgl. Art. 1 Abs. 1 AdoV).

Ebenfalls geregelt werden die Voraussetzungen für die Aufnahme von Kindern zur Adoption:
– die Bewilligungspflicht (Art. 4 AdoV)
– die Adoptionseignung (Art. 5 AdoV)
– die Eignungsbescheinigung (Art. 6 AdoV)
– die Bewilligung (Art. 7 AdoV)

 Adoptionsverordnung (AdoV) 

Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern/Pflegekinderverordnung (PAVO)

Die PAVO enthält gestützt auf Art. 316 Abs. 3 ZGB Ausführungsbestimmungen zur ausserfamiliären Unterbringung von Kindern. Unter anderem werden in der PAVO die Familienpflege, Tagespflege und Heimpflege weiter ausgeführt.

Die Dienstleistungsangebote in der Familienpflege (DAF) unterstehen ebenfalls der PAVO (Art. 20a ff. PAVO).

Für den Pflegekinderbereich relevante Bestimmungen:

Bewilligung/Aufsicht: Die Aufnahme von Minderjährigen ausserhalb des Elternhauses bedarf einer Bewilligung und untersteht der Aufsicht (Art. 1 Abs. 1 PAVO)

Kindeswohl: Beim Entscheid über die Erteilung oder den Entzug einer Bewilligung sowie bei der Ausübung der Aufsicht ist das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen (Art. 1a Abs. 1 PAVO).

Vertrauensperson/Beteiligung: Die Kindesschutzbehörde sorgt dafür, dass das Kind, das in einer Pflegefamilie oder in einem Heim betreut wird, über seine Rechte, insbesondere Verfahrensrechte, entsprechend seinem Alter aufgeklärt wird, eine Vertrauensperson zugewiesen erhält, an die es sich bei Fragen oder Problemen wenden kann und an allen Entscheidungen, die einen wesentlichen Einfluss auf sein Leben haben, entsprechend seinem Alter beteiligt wird (Art. 1a Abs. 2 PAVO).

Die Bestimmungen gelten auch für verwandtschaftliche Pflegeverhältnisse.

Einige Kantone haben gestützt auf die Befugnis der PAVO zum Schutz von Minderjährigen, die ausserhalb des Elternhauses aufwachsen, Bestimmungen erlassen, welche über die PAVO hinausgehen (Art. 3 Abs. 1 PAVO).

Pflegekinderverordnung (PAVO)

Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG)

Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung beim Menschen angewendet werden dürfen. Es schützt die Menschenwürde, die Persönlichkeit sowie die Familie und verbietet missbräuchliche Anwendungen der Bio- und der Gentechnologie.

  • Kindeswohl: Das FMedG hält klar fest, dass Fortpflanzungsverfahren nur angewendet werden dürfen, wenn das Kindeswohl gewährleistet ist (Art. 3 FMedG).
  • Verboten: Die Ei- und die Embryonenspende sowie die Leihmutterschaft sind in der Schweiz unzulässig (Art. 4 FMedG, auch Art. 119 Abs. 2 lit. d BV).
  • Samenspende: In Bezug auf die Samenspende hält das FMedG fest unter welchen Voraussetzungen und auf wen das Verfahren angewendet werden darf (Art. 3 und 5 FMedG).
  • Vergütung der Spende/Kindesverhältnis: Unter Art. 18 ff. FMedG finden sich Bestimmungen zur Samenspende. Insbesondere wird festgehalten, dass die Samenspende als solche unentgeltlich ist (Art. 21 FMedG) und dass zum Samenspender kein Kindesverhältnis begründet wird (Art. 23 FMedG).
  • Rechte des Kindes: Der Spender ist nicht anonym. Aus dem Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung ergibt sich die Pflicht, den Samenspender schriftlich auf das Recht des Kindes hinzuweisen, Auskunft über die Spenderakten zu erhalten (Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 FMedG).
  • Auskunft über den Spender (ab 2001 gezeugt): Gestützt auf Art. 27 FMedG können Personen, welche durch eine Samenspende geboren sind, die nach dem 1. Januar 2001 in der Schweiz durchgeführt wurde, ein Gesuch um Auskunft an das Eidgenössische Amt für Zivilstandwesen (EAZW) stellen.
  • Auskunft über den Spender (vor 2001 gezeugt): Personen, welche vor dem 1. Januar 2001 durch eine Samenspende gezeugt wurden, können sich für Auskünfte gestützt auf Art. 41 Abs. 2 FMedG direkt an die medizinische Einrichtung wenden, die das Verfahren durchgeführt hat.

 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) 

Weitere Ausführungsbestimmung finden sich in der Fortpflanzungsmedizinverordnung.

Fortpflanzungsmedizinverordnung (FMedV)

In der Fortpflanzungsmedizinverordnung (FMedV) finden sich Ausführungsbestimmungen zum Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG):

  • Abstammungsinformation/Spenderdatenregister: Hier sind u.a. relevante Bestimmungen für Fragen im Umgang mit den Abstammungsdaten (Art. 15 ff. FMedV) aufgeführt.
  • Auskunftsverfahren betreffend den Spender: In Art. 21 ff. FMedV finden sich die Ausführungsbestimmungen zum sogenannten Auskunftsverfahren.

 Fortpflanzungsmedizinverordnung (FmedV) 

Empfehlungen der SODK und der KOKES zur ausserfamiliären Unterbringung

Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) und der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) haben gemeinsame Empfehlungen zum Thema der ausserfamiliären Unterbringung erarbeitet. Dies wurden im November 2020 veröffentlicht. Die KOKES und die SODK haben gemeinsame Empfehlungen zum Thema der ausserfamiliären Unterbringung erarbeitet. Die Empfehlungen stellen das Kindeswohl ins Zentrum und etablieren qualitative Mindeststandards, die sowohl für einvernehmliche Unterbringungen wie für angeordnete Platzierungen Gültigkeit haben. Die Empfehlungen haben zum Ziel, die Kinderrechte zu stärken, ein Leitgedanke ist die konsequente und altersgerechte Partizipation des Kindes in allen Phasen der Platzierung. Die Empfehlungen dienen sowohl für die fachliche wie für die politische Ebene als Orientierungsrahmen. Sie unterstützen die zuständigen Stellen in den Kantonen und Gemeinden bei der Überprüfung und Weiterentwicklung ihrer spezifischen Prozesse.

Empfehlungen der SODK und KOKES zur ausserfamiliären Unterbringen

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